Zombie-Unternehmen – Gibt es die eigentlich noch?

Nach dem starken Einbruch im Vorjahr befindet sich die Wirtschaft erst mal wieder im Aufwärtstrend. Zu viel Optimismus erscheint allerdings verfrüht: Große Sorge bereitet vor allem – neben den Verschärfungen aufgrund der aktuellen Covid-19-Welle – die teilweise explosionsartige Verteuerung von Rohstoffen, Vorprodukten und Logistikkosten. Auch geopolitische Krisen drängen mit aller Kraft zurück auf die Agenda. Sie könnten zu einem weiteren Belastungsfaktor für Lieferketten werden und die Situation verschärfen.

Tja, und dann gibt es wohl noch Zombies, das sind die untoten Toten, die auch den Lebenden gefährlich werden können. In der Literatur und in Filmen ein gerne verarbeitetes Motiv. Der Zombie-Begriff wurde von der Wirtschaft adaptiert, um die Unternehmen zu beschreiben, die kein tragfähiges Geschäftsmodell mehr vorweisen und ihre Zinslast drei Jahre in Folge nicht mehr aus den operativen Einnahmen bestreiten können, sofern sie denn älter als 10 Jahre sind (OECD-Definition). Diese Unternehmen stehen häufig kurz vor dem Abgrund. Die Unternehmensberatung AT Kearney hat hierzu eine großangelegte Studie veröffentlicht. Hierzu wurden alle börsennotierten Unternehmen seit der Jahrtausendwende hinsichtlich von Zombie-Merkmalen gemäß OECD-Definition analysiert. Die wichtigsten Ergebnisse der Studie lassen sich auch ohne weiteres auf mittelständische Unternehmen übertragen:

  • Seit 2010 hat sich die Zahl der Zombie-Unternehmen weltweit nahezu verdreifacht. Ihre Anzahl ist 2020 deutlich in allen untersuchten Volkswirtschaften weiter angestiegen.
  • Einmal Zombie, immer Zombie? „Bestands-Zombies“ machen den Großteil an Zombie-Unternehmen aus.
  • Haupttreiber der „Zombifizierung“ weltweit sind kleinere Unternehmen mit einem Jahresumsatz unter 500 Mio. US-Dollar: Ihre Anzahl stieg überproportional.
  • Im internationalen Vergleich hat die Covid-19-Krise Deutschland und China stärker getroffen als die USA: Die absolute Anzahl der Zombie-Unternehmen in Deutschland und China sind jeweils deutlich angestiegen.
  • Die Automobilbranche ist im Vergleich zu anderen Branchen mäßig stark „zombifiziert“. Deutliche Unterschiede gibt es innerhalb der Wertschöpfungskette: Dabei ist vor allem die Zahl der Zombie-Zulieferer in den letzten Jahren von einem geringen Niveau aus kommend absolut und relativ stark angestiegen.
  • Die Maschinenbaubranche insgesamt weist eine ähnliche Verschlechterung wie die Automobilbranche im Zeitraum 2010-2020 auf. Besonders stark betroffen ist dabei das Segment „Land- und Forstmaschinen“.
  • Die Anwendung von Stressszenarien zur Simulation eines langfristig gesünderen Zinsniveaus ergab, dass sich bei einem Anstieg des Zinssatzes um den Faktor 1,5 die Anzahl der Zombies weltweit um 19%, bei einem Zinsanstieg um den Faktor 2 sogar um 39% erhöhen würde – damit zeigt sich vor dem Hintergrund der aktuell steigenden Zinsen durchaus die Gefahr einer weiteren deutlichen Zunahme von Zombies. AT Kearney spricht dabei von der Gefahr einer regelrechten „Zombie-Schwemme“.

Alles nur Schreckens-Szenarien? Vielleicht. Spricht man gegenwärtig mit Restrukturierungsberatern und Sanierungsbankern, dann heißt es „still ruht der See“, Liquidität ist ausreichend vorhanden, die staatlichen Zuschüsse haben teilweise sogar das Ergebnis und damit das Eigenkapital deutlich verbessert usw. Aber vielleicht ist es auch nur die große Ruhe vor dem Sturm … Und jetzt denken alle mal für einen kurzen Moment an die Zombies, die wir aus den Filmen kennen. Zu gruselig? Ja, aber proaktiv darüber nachzudenken, was die eingangs genannten aktuellen Herausforderungen, verbunden mit steigenden Zinsen, einer zu hohen Verschuldung und einem wackeligen Geschäftsmodell, für Auswirkungen auf Unternehmen haben, hilft vielleicht doch, dass die Überraschungen nicht zu groß werden.

Für einen weiteren Gedankenaustausch hierzu stehen wir – wie immer – gerne zur Verfügung.

Ansprechpartner:
Dr. Markus Brixle, brixle@mt-gmbh.de
Telefon +49 89 18939989

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