Neue Sanierungsmöglichkeiten nach dem Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz (StaRUG)

Ein Gastbeitrag von Dr. Thomas Laskos (Laskos Rechtsanwälte)

Passend zum Wiederaufleben der Insolvenzantragspflicht gegen Ende der Corona-Pandemie hat der Gesetzgeber das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) verabschiedet, das Unternehmen in der Krise eine Restrukturierung ohne Insolvenzverfahren ermöglichen soll. Dies soll geschehen im Rahmen eines sogenannten Restrukturierungsplans, mit dem im Wesentlichen die Passiv-Seite der Bilanz durch einen „Haircut“ reorganisiert werden kann. Ein solches Verfahren kann auch ohne gerichtliche Hilfe durchgeführt werden, wenngleich sich in vielen Fällen die Begleitung durch das „Restrukturierungsgericht“ empfehlen wird. Über den Restrukturierungsplan wird in Gruppen abgestimmt, wozu mindestens eine Dreiviertel-Mehrheit erforderlich ist. Stimmen also 75% der Gläubiger einer jeden Gruppe für den Restrukturierungsplan, gilt er als angenommen.

Was ist der Vorteil dieses Verfahrens?

Der wichtigste Fall dürfte sicherlich die Neustrukturierung der Finanzverbindlichkeiten eines Unternehmens sein, was bislang nur bei einem 100%-igen Konsens aller Finanzierungspartner möglich war. Oftmals ist eine finanzielle Restrukturierung an den kleineren Bankinstituten gescheitert, die ein Sanierungskonzept nicht mittragen wollten (was zum Teil auch verständlich ist, weil ihr „Downside“ im Fall eines Scheiterns geringer ist als bei den größeren Banken). Durch eine Mehrheitslösung von 75% (maßgeblich ist die Höhe der Verbindlichkeiten) können nunmehr solche kleineren Banken überstimmt werden.

Der neue Restrukturierungsplan ist aber nicht nur für finanzielle Restrukturierungen von Bedeutung, sondern er kann auch im Rahmen von Sanierungskonzepten interessant werden, wenn (wie häufig) von den Finanzierungspartnern Zugeständnisse abverlangt werden. Das kann zum Beispiel auch in Form einer Tilgungsaussetzung sein.

Theoretisch könnten mit einem Restrukturierungsplan auch Lieferantenverbindlichkeiten geregelt werden. Ob sich allerdings in der Gläubigergruppe der Lieferanten eine 75%-Mehrheit finden wird, muss sich in der Praxis erst noch herausstellen. Abgesehen von Fällen mit nur einem oder wenigen Großlieferanten, die zusammen bereits 75% auf sich vereinigen, dürfte dies keine allzu große Relevanz haben.

Der außerinsolvenzliche Restrukturierungsrahmen ermöglicht es (leider) nicht, in bestehende Vertragsverhältnisse einzugreifen. Die Möglichkeit, „unvorteilhafte“ Verträge wie zum Beispiel einen langfristigen Mietvertrag vorzeitig zu kündigen, war im ursprünglichen Referentenentwurf und im Regierungsentwurf noch vorgesehen, ist aber „in letzter Minute“ aus dem Gesetz gestrichen worden. Auch Arbeitnehmerverbindlichkeiten und die „Altlasten“ vieler Unternehmen aus Pensionszusagen können in einem Restrukturierungsplan nicht gestaltet werden. Unternehmen, bei denen eine Sanierbarkeit anders nicht möglich ist, bleibt nur der Sanierungsweg durch das Insolvenzverfahren, zum Beispiel im Wege der Eigenverwaltung.

Hintergrund des StaRUG war zweifelsohne nicht die Corona-Krise. Sie hat die Verabschiedung eines solchen Gesetzes allenfalls beschleunigt. Das Gesetz über den Restrukturierungsrahmen ist die Umsetzung der EU-Richtlinie über den präventiven Restrukturierungsrahmen vom 20.06.2019 (RL 2019/1023). Das Konzept stammt aus dem angelsächsischen Rechtsraum und lehnt sich an das dort bekannte „Scheme of Arrangement“ an, wo es letztlich darum geht, bei einer finanziellen Restrukturierung sogenannte „Akkord-Störer“ überstimmen zu können und sich von solchen nicht erpressen zu lassen.

Für größere Unternehmen wird der Restrukturierungsrahmen zweifellos seine Berechtigung haben. Für den Mittelständler bleibt es wie bisher dabei, dass zunächst ein gründliches und belastbares Sanierungskonzept vorliegen muss. Ein solches Konzept müsste auch im Rahmen eines gerichtlich begleiteten Restrukturierungsverfahrens eingereicht werden. Sofern das Sanierungskonzept Beiträge der Finanzierungspartner oder anderer Gläubiger erfordert, können diese mithilfe des neuen Gesetzes etwas leichter „erzwungen“ werden, vorausgesetzt, dass das Konzept von den volumenmäßig größeren Banken mitgetragen wird. Der Sanierungspraxis ist ein zusätzliches „Tool“ an die Hand gegeben, mit der die Sanierung je nach Lage des Falles erleichtert und effektiver umgesetzt werden kann.

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