2 Seiten über Führung, 200 Seiten über alles Mögliche – Warum nur?
Wer kennt sie nicht, die endlos langen Gutachten voll mit überflüssigem Zeug und zu wenig auf den Punkt, was wirklich nachhaltige Veränderung im Unternehmen bewirkt. Wir haben sie alle schon oft lesen, schreiben oder mühevoll auf der Firmenseite daran mitarbeiten müssen. Warum kommt das Thema Führung immer nur so kurz?
Wenn ein Unternehmen nicht mehr richtig läuft, dann liegt es primär nicht am Ergebnis, nicht an der Liquidität, nicht an den Kosten, nicht an der Strategie … Das sind nur die Symptome oder die naheliegenden Ursachen in einer langen Ursachenkette. Die Wurzel der Ursachen liegt fast immer an den Verantwortlichen, die über diese Dinge entschieden haben und entscheiden. Es liegt zu mehr als der Hälfte an der Führung. Da reicht es auch nicht aus, einen CRO (Chief Restructuring Officer) einzusetzen, der das alles richten soll oder z.B. den technischen Geschäftsführer auszuwechseln. In der Konsequenz werden alle Maßnahmenpakete nicht ausreichen und scheitern, wenn die Führung nicht erneuert, das heißt konsequent verändert wird.
Die Führungsfrage betrifft nicht nur die Spitze im Management oder Einzelpersonen. Es ist die Frage, wie qualifiziert sind alle Führungsebenen und wie bereit sind sie, sich zu verändern und weiterzuentwickeln. In vielen traditionellen Unternehmen ist die Führung immer noch auf wenige Einzelpersonen konzentriert. Die nächsten Ebenen kennzeichnen sich in der Führung eher durch technische / fachliche Kompetenz und nicht durch Führungskompetenz. Der beste Konstrukteur wird Leiter der Konstruktion. Menschen gut zu führen, interessiert bei der Beförderung zu oft nur am Rande.
Im Ergebnis braucht es schnellstmöglich ein professionelles Führungsaudit über alle Führungsebenen. Das geht nur mit entsprechenden Experten. Ein 360-Grad-Feedback für alle Mitglieder der Geschäftsleitung sollte Bestandteil sein. Auch wenn die üblichen Widerstände bei einem solchen Vorgehen sehr hoch sind. Angst spielt hier eine große Rolle. Wie will man aber ein Unternehmen verändern, wenn nicht offen über die Stärken und die Schwächen gesprochen werden kann? Nur daraus kann abgeleitet werden, wo der Änderungsbedarf auch bei jedem Einzelnen besteht. Nicht nur bei den anderen, sondern vor allem bei einem selbst. Ergebnis eines solchen Audits ist natürlich auch die Korrektur von Fehlbesetzungen. Sowas bedeutet am Ende oft auch für die Betroffenen eine enorme Erleichterung, wenn sie nicht mehr mit ständiger Überforderung eine Führungsaufgabe wahrnehmen müssen, die ihnen gar nicht liegt. Externes Know-how von außen zu beschaffen, gehört natürlich dazu, genauso wie Entwicklungsprogramme für die einzelnen Führungskräfte und die gesamte Führungsmannschaft. Wesentlich bleibt allerdings immer die eigene Verantwortung zur Weiterentwicklung. Ist die nicht gegeben, scheidet der Mitarbeiter für eine Führungsrolle aus. Niemand kann etwas weiterentwickeln, wenn er sich nicht selbst weiterentwickeln will oder kann. So jemand kann auch nicht Vorbild für andere bezüglich der notwendigen Veränderungen im Unternehmen sein. Übergreifend müssen parallel z.B. Führungsleitlinien erarbeitet oder regelmäßige Feedbackverfahren etabliert werden, was deutlich über die typischen Jahresendgespräche hinausgeht.
Mit diesem konsequenten Vorgehen zur Führungsentwicklung lassen sich Unternehmen nachhaltig verbessern. Das braucht seine Zeit. Ein bis drei Jahre sind sicherlich ein realistischer Zeitraum. Menschlicher Verhaltenswandel dauert eben, wie wir es ja von uns selbst auch nur zu gut kennen. Es ist mühsam und anspruchsvoll, aber eine Investition, die sich auf jeden Fall lohnt.
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